Welche Chancen birgt das Wasserhaushaltsgesetz und die EU Wiederherstellungs-verordnung für eine frei fließende Agger? Anfrage für die 24. Sitzung des Regionalrates Köln am 19.12.2025

Hintergrund:

Nach dem von den Aggerkraftwerken am 13. Juli dieses Jahres durch plötzlichen Wasserentzug verursachten Fischsterben hat die Bezirksregierung Köln laut Kölner Stadtanzeiger (KStA) vom 19. Juli ein Konzept zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes für die Agger erstellt. „So sollen neben der Mindestwasserführung auch die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit und der Fischschutz an den Stauanlagen im Mittellauf der Agger, einschließlich der Stauanlage Ohl-Grünscheid angeordnet werden. Auf diese Weise sollen das Ökosystem der Agger und die Wasserlebewesen nachhaltig geschützt werden.“ (KStA 19.07.2025)

Damit wird die langjährige Inaktivität zur Umsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes an der Agger beendet. Während dieser Zeit wurden von den Aggerkraftwerken GmbH & Co.KG umfangreiche Investitionen in die Optimierung und Sicherheit der Wasserkraft, nicht aber in die flussökologischen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes getätigt.

Das angekündigte Konzept der Bezirksregierung Köln wird neben der WRRL 2000/60/EG und dem Wasserhaushaltsgesetz auch die Verordnung 2024/1991/EU (Wiederherstellungsverordnung – W-VO) beachten müssen, die in Deutschland seit dem 14. Juni 2024 Gesetzeskraft hat.

Diese Verordnung enthält nach Artikel 1 Vorschriften, die zur langfristigen und nachhaltigen Erholung biodiverser und widerstandsfähiger Ökosysteme und Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, der Verwirklichung der übergeordneten Ziele der Union in Bezug auf den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel und die Landdegradationsneutralität beitragen sollen.

In Artikel 4 „Wiederherstellung von Land-, Küsten- und Süßwasserökosystemen“ ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten Wiederherstellungsmaßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um die in einem Anhang der W-VO aufgeführten Lebensraumtypen, die sich nicht in einem guten Zustand befinden, in einen guten Zustand versetzen. Hierfür werden Zeitziele festgelegt.

In Artikel 9 „Wiederherstellung der natürlichen Vernetzung von Flüssen und der natürlichen Funktionen damit verbundener Auen“ wird den Mitgliedstaaten auferlegt, ein Verzeichnis der künstlichen Hindernisse für die Vernetzung der Oberflächengewässer zu erstellen. Dabei ermitteln die Mitgliedstaaten – unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Funktionen der künstlichen Hindernisse – die Hindernisse, die beseitigt werden müssen, um die Erreichung der Wiederherstellungsziele gemäß Artikel 4 der W-VO zu gewährleisten. Ferner wird festgehalten, dass die Mitgliedstaaten prioritär obsolete Hindernisse angehen, wozu insbesondere Querbauwerke gehören.

Es ist zu erwarten, dass es nach Fertigstellung der Ordnungsverfügungen für die Durchgängigkeit wegen der hohen Kosten nicht zum Bau der Durchgängigkeitsbauwerke kommt. Anhaltspunkte zu dieser Einschätzung liefert auch die Dokumentation zur Pilotanlage Unkelmühle an der Sieg, die ca. 5,5 Mio. Euro gekostet hat.

(www.bezreg-koeln.nrw.de/themen/umweltschutz/wasserwirtschaft/wasserwirtschaftliche-sonderprojekte/pilotanlage-unkelmuehle) Geht man davon aus, dass acht Durchgängigkeitsbauwerke errichtet werden müssten, hat man einen Eindruck von den anstehenden Kosten.

Das Bundesumweltamt hat in dem Factsheet „Nutzung der Wasserkraft“ (www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/372/dokumente/2025_03_13_factsheet_zu_ss_2_eeg_wasserkraft.pdf) vom 13.03.2025 auf die Rechtslage hingewiesen:

Die nach den §§ 33-35 WHG geltenden Voraussetzungen für die Mindestwasserführung, für die Durchgängigkeit und für den Schutz der Fischpopulation unterliegen keiner Abwägungsentscheidung aus übergeordneten Gesichtspunkten. Sie dürfen nicht weg gewogen werden noch darf auf sie wegen Unverhältnismäßigkeit verzichtet werden.“

Es zeichnet sich somit eine Entwicklung ab, nach der nach Osberghausen auch die übrigen Wasserkraftanlagen, die alte Rechte haben, nämlich Ehreshoven I und II, Ohl-Grünscheid, Haus Ley und Wiehlmünden, zu obsoleten Bauwerken werden.

Wir fragen deshalb:

  1. Wie sieht die Prognose der Bezirksregierung Köln für die Wiederherstellung einer frei fließenden Agger nach Maßgabe der Umsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes und der EU-Wiederherstellungsverordnung aus?
  2. Welche Vorbereitungen hat die Bezirksregierung Köln für die anspruchsvolle Umsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes wie auch für die neuen Anforderungen aus der Wiederherstellungsverordnung getroffen bzw. sind noch zu treffen?
  3. Erwartet und benötigt die Bezirksregierung Köln einen neuen Runderlass, der sowohl die Aufgaben aus dem 2010 in Kraft getretenen Wasserhaushaltsgesetz als auch die Aufgaben aus der Wiederherstellungsverordnung berücksichtigt?

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Beu, Fraktionsvorsitzender

Manfred Waddey, Fraktionsmitglied

f.d.R: Antje Schäfer-Hendricks und Annika Schmidt (Fraktionsgeschäftsführerinnen)